Kein Zweifel, eine parallaktische Montierung bietet hohen Beobachtungskomfort und perfekte Nachführung. Aber um einfach mal schnell ein Teleskop aufzustellen und ohne langes Einrichten zu beobachten, ist eine einfache azimutale Montierung wie die Skywatcher AZ4 eine geniale Lösung.
Azimutal oder parallaktisch?
Die Skywatcher AZ4 ist eine einfache azimutale Montierung mit manueller Verstellung. Während eine parallaktische Montierung (wie die Celestron CAM) auf den Himmelspol ausgerichtet wird und damit nur über eine Achse nachgeführt werden muss, müssen bei einer azimutalen Achsen – Altitude (Höhenwinkel) und Azimuth (Horizontalwinkel) – bewegt werden. Die Bedienung ist einfach: Man schwenkt das Teleskop einfach über beide Achsen per Hand auf das Ziel, ähnlich wie bei einem Dobson-Teleskop.
Skywatcher AZ4: Die Technik
Die AZ4 ist wahlweise mit einem Stahlstativ oder einem leichteren Alustativ erhältlich. Wegen der größeren Stabilität empfiehlt sich eher das Stahlstativ. Es kann bis ca. 160 cm ausgezogen werden und wird durch eine Okularablage zusätzlich stabilisiert.
Das Teleskop wird über eine Klemmung für Prismenschienen im Vixen GP-Format (“Schwalbenschwanz”) befestigt. Die Klemmefestigung steht dabei senkrecht – für normale Teleskope kein Problem, lediglich bei der Verwendung von Großferngläsern oder Binokularen ist ein 90°-Montierungsadapter erforderlich. Eine solide Klemmschraube fixiert die Prismenschiene, kann allerdings Klemmspuren hinterlassen…
Der Widerstand beider Achsen kann über ein Drehrad relativ feinfühlig eingestellt werden. Mit Hilfe der Winkelskalen an beiden Achsen kann man die Position des Teleskops ablesen und ggf. einstellen.
Skywatcher AZ4 in der Praxis
Die entscheidende Frage für jede Montierung ist natürlich: Wie schlägt sich die Montierung in praktischen Anwendung?
Die Klemmung der Prismenschiene ist sicher und stabil. Auch größere Teleskope werden sicher festgehalten. Es empfiehlt sich (wie bei jeder Montierung), das Instrument so zu montieren, dass es sich im Gleichgewicht befindet. Bei der Verwendung schwerer Zubehörteile sollte man nochmals den Schwerpunkt überprüfen.
Der Widerstand bei der Bewegung lässt sich für beide Achsen per Drehrad stufenlos einstellen. Bei der lockersten Einstellung bewegt sich die Achse bereits bei einer leichten Berührung. Ein geringes Maß an Ruckeln jedoch trotzdem unvermeidlich, wenn man den Schwenk beginnt. Durch den langen Hebel lässt sich die Montierung aber sehr feinfühlig bewegen. Eine feine Einstellung wie z.B. durch biegsame Wellen, Drehräder o.ä. wie bei Konkurrenzprodukten fehlt allerdings. Trotzdem kann auch bei geringerem Gesichtsfeld ein Beobachtungsobjekt gut nachgeführt werden kann. Hier sind die Vorlieben sicher individuell verschieden – für mich lag die “Komfort-Grenze” bei 120- bis 150facher Vergrößerung.
Auch die Tragfähigkeit hat sicher etwas mit individuellen Vorlieben zu tun. In der Werbung wird eine Belastbarkeit von 9 kg angegeben. Je nach Länge des verwendeten Teleskops (Hebel!) und persönlicher Toleranzschwelle halte ich diesen Wert durchaus für realistisch.
- Orion ED 80 (Refraktor 80mm Öffung / 600mm Brennweite; ca. 3 kg): Kein Wackeln, keine nennenswerte Ausschwingzeit – perfekt!
- Meade LX 10 (Schmidt-Cassegrain-Teleskop, 200mm Öffung, 2000mm Brennweite, ca. 6 kg): insgesamt stabil, geringe Schwingungen, die sehr schnell abklingen; bis ca. 120x Vergrößerung komfortabel, bei höheren Vergrößerungen wird dich Nachführung etwas mühsam
- Celestron C 9.25 (Schmidt-Cassegrain, 235/2350mm, ca. 9,5 kg): an der Belastungsgrenze – wird getragen, hat aber deutlich längere Ausschwingzeiten; die Objekteinstellung gerät etwas mühsam; höhere Vergrößerungen sind nur eingeschränkt nutzbar. Trotzdem fand sich eine Anwendung: Durch die schnellen, leichten Schwenkbewegungen der Montierung konnte ich einige Aufnahmen der Internationalen Raumstation (ISS) machen – siehe hier: ISS-Überflüge im Foto .
- Bei Instrumenten mit langem Tubus ist zu prüfen, ob man in der Höhenachse weit genug nach oben schwenken, ohne dass der Tubus anstößt. Bei einem ED 120/900-Refraktor ist z.B. die Verstellbarkeit schon deutlich eingeschränkt.
Fazit
Die Skywatcher AZ4 ist eine universell einsetzbare Montierung für kleinere und mittlere Teleskope. Ihre besonderen Vorzüge sind der schnelle Aufbau und die sehr einfache Handhabung, die auch bei Refraktoren und SCs schon fast “Dobson-Gefühle” aufkommen lässt. Auf Komfortfunktionen wie Nachführung, automatische Objektpositionierung muss man natürlich verzichten – dafür erhält man aber eine gut einsetzbare “Schnell-Spechtel-Montierung”, die bei nicht zu hohen Vergrößerungsfaktoren eine gute Figur macht.
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