Mein erstes “richtiges” Teleskop war das Meade LX 10, ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop mit 8″ (200mm) Öffnung und 2000mm Brennweite bei einem Öffnungsverhältnis von F 10. Anfang der 1990 kaufte ich das Gerät für rund 3000.- DM bei einem Fachhändler in Nürnberg – viel Geld damals. Es war in einer Gabelmontierung auf einer Polhöhenwiege angebracht und konnte per Motor nachgeführt werden. So ganz einfach war der Einstieg damit aber leider nicht…
Bei einem Schmidt-Cassegrain-Teleskop handelt sich um ein katadioptrisches System, also eine Kombination von Spiegel und Linsenteleskop. Durch einen gefalteten Strahlengang (siehe Bild) kann eine sehr kompakte Bauweise erreicht werden, die die Vorteile einer großen Öffnung mit einer sehr langen Brennweite kombiniert. Als reines Linsenfernrohr (Refraktor) wäre ein vergleichbares Gerät runde 2 Meter lang und hätte einen Durchmesser von 20cm! Bei dieser Bauweise fällt das Licht durch eine Korrekturplatte (“Schmidtplatte”) auf den sphärischen Hauptspiegel, wird auf einen kleineren Sekundärspiegel reflektiert und durch eine Öffnung in der Mitte des Hauptspiegels zum Okular am Ende des Tubus gelenkt. Die Scharfstellung erfolgt durch Verschieben des Hauptspiegels.
Erste Erfahrungen, erste Enttäuschungen
Nach all der Theorie wurde es Zeit, das Teleskop endlich auszuprobieren: Zeit für das “First Light”! Ohne größere astronomische Erfahrungen machte ich mich ans Beobachten, und ich sah… nichts. Genauer gesagt: Ich sah nicht das, was ich eigentlich sehen wollte. Ein Stern bleibt im Teleskop ein Lichtpunkt – egal, ob man 80x, 100x oder 400x vergrößert. Interessant wird es bei Planeten, Sternhaufen, Nebeln und Galaxien – wenn man sie denn findet.
Und genau das war das Problem.
Das Teleskop zeigt nur einen winzigen Himmelsausschnitt. In meiner Konfiguration war das etwa so groß wie der Fingernagel am Zeigefinger bei ausgestrecktem Arm. Wenn man also nur ein wenig danebenliegt, befindet sich das Beobachtungsobjekt außerhalb des Blickfelds und kann nicht gefunden werden. Auch Hin- und Herschwenken löst das Problem nicht.
Um das Auffinden von Objekten zu erleichtern, war das Teleskop mit einem kleinen Sucherfernrohr mit einem Fadenkreuz ausgestattet. So richtig geholfen hat das allerdings nicht, denn in diesem kleinen Sucher sieht man das Bild auf dem Kopf stehend.Die Orientierung war damit schwierig. Dazu kam noch, dass die Gabelmontierung nur eine begrenzte Feinbewegung erlaubte. Sobald man am Ende des Verstellbereiches angekommen war, musste man die Klemmung wieder lösen und das Gerät grob in die gewünschte Richtung bewegen. Immerhin: Helle, deutlich sichtbare Ziele wie Planeten konnte man damit mit etwas Mühe in das Gesichtsfeld bugsieren. Ich schaffte es schließlich, endlich einmal etwas zu sehen zu bekommen. Den atemberaubenden Anblick des Saturn mit seinem Ringsystem werde ich wohl nie vergessen, und auch die vielen feinen Strukturen des Orion-Nebels abzufahren, war ein beeindruckendes Erlebnis.
Finden statt suchen: Der Telrad
Nach einigem Stöbern fand sich auch eine Lösung für das “wie-finde-ich-meine-Objekte”-Problem: Der Telrad-Sucher.
Konventionelle Sucher sind eigentlich nur als kleine Fernrohr mit einem Fadenkreuz und zeigen nur einen begrenzten Himmelsausschnitt – und das (je nach Konstruktion) auch noch auf dem Kopf stehend! Gerade mit wenig Beobachtungserfahrung fällt die Orientierung damit sehr schwer. Anders der Telrad: Eine rote LED beleuchtet einen Zielkreis, der über eine geneigte Scheibe gespiegelt wird. Man sieht zur gleichzeitig einen großen Himmelsauschnitt, und das Zielkreuz zeigt an, wohin das Teleskop gerade ausgerichtet ist. Ein Telrad-Sucher kann einfach mit kleinen Klebepads dauerhaft auf dem Teleskop-Tubus befestigt werden. Endlich war es möglich, gut sichtbare Objekkte direkt anzusteuern, ohne lange mit dem Sucher-Fernröhrchen durch den Himmel zu irren.
Kampf mit dem Tau
Eine wunderbare klare Herbstnacht, und der Saturn strahlt in seinem vollen Glanz. Doch unvermittelt verschlechtert sich das Bild: Die Konturen werden diffus, und um die hellen Bereiche bildet sich ein deutlicher Hof. Das Objekt scheint langsam unter Milchglas zu verschwinden. Ein Blick auf das Teleskop zeigt, dass sich die Frontscheibe komplett mit Tau überzogen hat. Was war denn da schon wieder los?
Konstruktionsbedingt zeigt bei einem Schmidt-Cassegrain-Teleskop die Korrekturplatte am vorderen Tubusende in den kalten Nachthimmel und kühlt sich dabei ab. Die angrenzende Luftschicht wird ebenfalls abgekühlt. Dadurch beschlägt die Optik mit Tau. Besitzer von Schmidt-Cassegrain-Teleskopen kennen dieses Problem sehr gut, aber für mich war es neu! Leicht verärgert tat ich in diesem Moment das Falscheste, was man nur tun kann: Ich griff zu einem Papiertaschentuch und putzte beherzt die Frontscheibe.
Astronomische Teleskope sind darauf optimiert, eine möglichst hohe Transmission (Lichtdurchlässigkeit) zu gewährleisen. Alle Glaselemente im System sind daher mit einer speziellen Vergütung beschichtet. Und ich war gerade dabei, diese aufwendige Vergütung mit meinem Papiertaschentuch herunterzuputzen! Leider trug die Beschichtung tatsächlich Schäden davon. Die optische Leistungsfähigkeit wurde dadurch etwas beinträchtigt, aber zum Glück blieb das Gerät benutzbar. Erst später kam ich auf die Lösung in Form einer Taukappe – zuerst selber aus einer dünnen Isoliermatte gebastelt, später dann ein Modell von Astrozap speziell für mein Fernrohr. Damit blieb die Schmidtplatte frei – meistens zumindest…
Weg mit dem Tunnelblick!
Nun konnte ich also die meisten Beobachtungsobjekte finden, doch manches blieb unbefriedigend. Ein Fernrohr mit 2000mm Brennweite liefert in Kombination mit einem 25mm-Okular eine rund 80-fache Vergrößerung und ein sehr kleines Gesichtsfeld. Ausgedehnte Objekte wie die Andromeda-Galaxie M 31 sind nicht einmal ansatzweise zu überblicken, und auch die Suche nach Objekten gestaltet sich in diesem eingschränkten Blickfeld sehr schwierig. Über den Gebrauchtmarkt von Astronomie.de konnte ich schließlich einen Zenitspiegel mit 2″ Durchmesser erwerben.
In Verbindung mit einem 2″ Weitwinkelokular sind nun große Gesichtsfelder möglich. Alles gut… wenn da diesen wacklige Gabelmontierung nicht gewesen wäre.
Schluss mit dem Wackeln!
In der Standardausführung ist das LX 10 mit einer Gabelmontierung ausgestattet. Leider.
Bei der geringsten Erschütterung (Scharfstellen, Wind, Berührungen aller Art) geriet das Teleskop sofort in Vibrationen, die Beobachtungsobjekte wild durch das Gesichtsfeld tanzen ließen. Oft dauerte es 1-2 Minuten, bis das Ziel wieder gut erkennbar war. Allerdings hatte sich dann die Erde wieder ein Stück weitergedreht… also nachführen… zittern… warten… Oft war dann bereits das Ende des Verstellbereiches erreicht, also Klemmen lösen, ausrichten, Objekt wieder suchen… Warten, bis das Zittern aufhört… und wieder von vorn. Ein entspannender Beobachtungsabend sieht anders aus!
Die wackelige Gabelmontierung wich schließlich einer parallaktischen Montierung deutscher Bauart, der Celestron CAM. Dazu wurde die Gabelmontierung entfernt und eine Prismenschiene an das Teleskop montiert. Die Montierung selbst ist motorisiert und verfügt über eine GoTo-Funktionalität, kann also Beobachtungziele nach einer kurzen Kalibrierung (“Alignment”) automatisch anfahren. Details zu dieser Montierung finden sich hier: Celestron CAM.
Hilfe, mein Stern verschwindet: Spiegel-Shifting
Mit wachsender Beobachtungspraxis begann ich, höhere Vergrößerungen zu verwenden und machte erste Planetenaufnahmen. Das geriet öfters zum Geduldspiel…
Okularauszug
Bei hohen Vergrößerungen ist die Scharfstellung etwas heikel. Es dauert oft eine ganze Weile, bis man durch hin- und herdrehen endlich den Punkt mit der optimalen Schärfe gefunden hat. Wenn dabei allerdings das Beobachtungsobjekt auch noch aus dem Gesichtsfeld wandert, wird das Ganze sehr unerfreulich. Was war denn da schon wieder los?
Erfahrene Beobachter mit Schmidt-Cassegrain-Teleskopen kennen das Problem: Die Fokuseinstellung erfolgt durch eine Bewegung des Hauptspiegels im Teleskop. Dabei kann aufgrund von Fertigungstoleranzen der Spiegel leicht verkippen, was dazu führt, dass sich das Gesichtsfeld verschiebt. Dieses Phänomen bezeichnet man als Spiegelshifting.
Die Lösung dafür war ein extra Okularauszug, der an der Rückseite des Tubus mit dem “SC-Gewinde” verschraubt wird. Dabei stellt man erst die Schärfe grob über die Hauptspiegel-Verstellung ein und zentriert das Beobachtungsziel. Die Feineinstellung erfolgt über die Mechanik des Okularauszugs – ohne Spiegelshifting! Damit war auch erst einmal der “Endausbau” erreicht…
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