Das Coronado PST ist ein spezielles Instrument, das ausschließlich zur Sonnenbeobachtung verwendbar ist. Anders als konventionelle Teleskope läßt es nur einen sehr engen Ausschnitt aus dem Lichtspektrum passieren. Nur die H-Alpha-Linie mit einer Wellenlänge von 656,28 Nanometer, das Licht des ionisierten Wasserstoffs der Sonne, wird durchgelassen. Dadurch ist es möglich, Oberflächenstrukturen, Filamente und Protuberanzen auf der Sonne zu beobachten, die bei konventioneller Technik unsichtbar bleiben.
Das Coronado PST in der Praxis
Die technischen Daten stimmen erst einmal skeptisch: Kann man mit einem kleinen Instrument mit nur 40mm Öffnung und 400mm Brennweite überhaupt astronomische Beobachtungen durchführen? Ja – man kann! Viele Beobachter sind erst einmal überrascht, wie viele Details mit dem kleinen PST tatsächlich zu sehen sind. Mit einem 20mm-Okular füllt die Sonnenscheibe das Bildfeld aus, und bei kürzeren Okluarbrennweiten und höheren Vergrößerungen sind interessante Detailbeobachtungen möglich.
Das PST wiegt rund 2 kg und benötigt keine große Montierung. Per Standard ist die Montage auf einem Fotosstativ vorgesehen; dafür befinden sich zwei Schrauböffnungen für Fotoschrauben auf der Unterseite des Gehäuses. Komfortabler als ein Fotostativ ist natürlich eine parallaktische Montierung, die eine Nachführung erlaubt. Mit einer GP-Prismenschiene, die mit Fotoschrauben am PST angebracht wird, ist dies problemlos möglich.
Für die Beobachtung muss das Gerät natürlich zuerst auf die Sonne ausgerichtet werden. Mit dem eingebauten Sonnensucher gelingt dies ohne Probleme. Man richtet das Gerät einfach so aus, dass der helle Lichtpunkt der Sonne im Zentrum des Suchers erscheint. Die Sonne ist dann bereits im Okular zu sehen.
Zur Beobachtung sind dann zwei Einstellungen vorzunehmen: Mit der kleinen Rändelschaube am Genäuseboden stellt man zunächst einmal scharf.
Dann gilt es, das interne Etalon (H-Alpha-Filter) so einzustellen, dass Oberflächendetails und Protuberanzen sichtbar werden. Hierzu dreht man am “Tuning-Ring” am Ende des messingfarbenen Tubus.
Die strukturlose rote Kugel im Okular beginnt nun, viele feine Details zu zeigen. Mit etwas Feineinstellung ist es möglich, die optimale Einstellung zu finden, die sowohl Protuberanzen als auch Oberflächenstrukturen zeigt. Bedingt durch den relativ kleinen Blockfilter sind Details nicht im gesamten Gesichtsfeld zu erkennen, was sich jedoch durch Schwenken des Teleskops ausgleichen lässt. Prinzipiell erfordert das PST keine besonderen Okulare – so gut wie jedes 1,25″-Okular ist geeignet. Ich konnte sehr gute Ergebnisse mit dem Baader Hyperion Zoom 8-24mm erzielen.
Fotografie
Schnell erwacht der Wunsch, die eindrucksvollen Bilder des PST auch fotographisch festzuhalten. Leider ist das nur über Umwege möglich. Der Fokuspunkt liegt so weit im Inneren des Okularauszugs, dass weder mit einer Webcam noch mit einer DSLR die Schärfeebene erreicht werden kann. Wie geht es trotzdem?
Unter Umständen kann eine Webcam in Verbindung mit einer (evtl. zerlegten) Barlow-Linse verwendet werden. Mit meinen Geräten, der Alccd5 und der Imaging Source DFK21, war dies allerdings zunächst nicht möglich. Für die DFK21 konnte ich schließlich einen kürzeren Adapter vom C-Mount-Gewinder der Kamera erwerben, mit dem sich der Fokus erreichen ließ.
Für Fotographie mit der digitalen Spiegelreflexkamera gibt es noch die Möglichkeit, mit Okularprojektion (-> Kamera am Teleskop – aber wie?) zu arbeiten. Das Hyperion Zoom ist dafür sehr gut geeignet. Die Gummi-Augenmuschel deckt ein Gewinde ab. Mit einem Adapter von diesem Gewinde auf den T2-Standard (erhältlich bei Baader und im Teleskop-Fachhandel) wird das Okular fest mit dem T2-Anschluss der Kamera verbunden. (Aufbau: Hyperion Zoom – Adapter Zoom auf T2 – Adapter T2 auf Kamera-Anschluss, z.B. EOS). Bei ca. 20mm Brennweite wird die Sonne formatfüllend auf einem APS-C-Chip (bei allen Canon DSLRs außer Vollformat-Modelle) abgebildet.
Ist die Kamera angebracht, muss neu scharfgestellt werden. Der Schärfebereich ist außerordentlich eng, und der Fokuspunkt ist trotz Live-View und Zoom nur schwer zu treffen. Es empfiehlt sich, eine “Fokusreihe” mit minimal veränderter Fokussierung aufzunehmen und hinterher die besten Aufnahmen auszusuchen.
Auch die korrekte Belichtung ist nicht ganz einfach zu treffen. Ich hatte den Eindruck, dass der Belichtungsmesser mit dem schmalbandigen Licht nicht sehr gut zurechtkommt – zumindest sind die Ergebnisse bei Einsatz der Zeitautomatik (Modus AV) einigermaßen unberechenbar. Letzlich bleibt nur, eine Belichtungsreihe mit +/- 3 Blendenstufen durchzuprobieren und die besten Aufnahmen herauszusuchen. Wenn man im RAW-Format fotografiert, hat man bei der Nachbearbeitung mehr Spielraum bei den Helligkeitsabstufungen und kann evtl. einzelne Details besser herausarbeiten. Es lohnt, einmal beherzt an den Gradationskurven zu ziehen… Je nach Belichtung und Nachbearbeitung sind entweder Oberflächendetails (kürzere Belichtung) oder Protuberanzen (längere Belichtung) zu sehen. Wenn man Beides auf einem Bild haben möchte, bleibt nur aufwändige Bildbearbeitung oder die Kombination von zwei Aufnahmen per Layer-Technik.
Für Detailaufnahmen kann man per z.B. per EOS Movie Record (-> EOS als Webcam: EOS Camera Movie Record) oder im Reduced Video Mode (-> EOS 550D als Astrokamera) ein Video aufzeichnen und per Stacking-Software nachbearbeiten. Hier ein Beispiel für diese Methode:
Grenzen
Vieles kann man mit dem PST sehen, aber irgendwo hat ein kleines Instrument auch seine Grenzen. Bei größeren H-Alpha-Teleskopen mit einem engeren Blockfilter die Oberflächendetails noch kontrastreicher und deutlicher hervor. Der relativ kleine Blockfilter des PST bringt es mit sich, dass die optimale Detaildarstellung nicht über das gesamte Gesichtsfeld geht: Es gibt immer einen Bereich mit sehr klaren Details und etwas schwächeren Strukturen im Außenbereich. Auch die relativ geringe Öffnung von 40mm setzt Grenzen im Auflösungsvermögen. All das ändert aber nichts daran, dass sich mit dem PST bereits sehr schöne und spannende Beobachtungen machen lassen.
Fazit
Alles in allem bietet das PST einen guten Einstieg in die Welt der H-Alpha-Sonnenbeobachtungen. Im Schmalband-Licht sind viele Details und Strukturen zu beobachten, die im Weißlicht nur ansatzweise oder überhaupt nicht erreichbar sind. Das dynamische Geschehen auf der Sonne bietet immer wieder neue Ansichten, die in diesem kleinen Instrument gut zu sehen sind. Größere H-Alpha-Teleskope bieten natürlich eine noch bessere Detailabbildung, sind aber wesentlich teurer in der Anschaffung. Die einzige echte Einschränkung besteht darin, dass die fotografische Nutzung des PST einen gewissen Aufwand mit sich bringt. Möglich ist es natürlich trotzdem – einige Beispiele finden sich in der Galerie: Sonne in H-alpha.
Update: Das PST war tatsächlich ein perfekter Einstieg in das Thema Sonnenbeobachtung. Wegen der beschriebenen Einschränkungen wurde allerdings auch irgendwann der Wunsch nach mehr Öffnung / Auflösung und besseren fotografischen Möglichkeiten wach – und das ganze endete damit, dass das PST in den Verkauf ging und durch ein Lunt LS 60 ersetzt wurde. Das eröffnete eine neue Dimension der Sonnenbeobachtung: Lunt LS 60 – Sonne perfekt
Buchtipp zum Thema: Astro-Praxis: Die Sonne: Eine Einführung für Hobby-Astronomen
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